Hartz IV - Keine fiktive Anrechnung von tatsächlich abgelehnten Unterhaltsvorschussleistungen selbst bei schuldhaftem Verhalten der Antragsteller Leitsatz:
Eine fiktive Anrechnung von tatsächlich abgelehnten Unterhaltsvorschussleistungen scheidet selbst bei schuldhaftem Verhalten der Antragsteller aus, denn Einkommen nach § 11 SGB II ist nur dann zu berücksichtigen , wenn es tatsächlich als bereites Mittel zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 26/07 R, SozR 4-4200, § 11 Nr. 17;
Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität von Fürsorgeleistungen, die nur eingreifen sollen, wenn anderweitige Leistungen nicht zur Verfügung stehen.
Die Anrechnung fiktiven Einkommens ist rechtswidrig.
Folglich ist eine fiktive Anrechung von Unterhaltsvorschussleistungen nicht möglich und zwar auch dann nicht, wenn die Antragsteller die Ablehnung durch ihr Verhalten verursacht haben sollten und bei anderer Mitwirkung Leistungen hätten erhalten können.
Eine solche fiktive Anrechnung läuft nämlich dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zuwider.
Sie verstößt auch gegen die Systematik des SGB II, welches im Fall der schuldhaften Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit Ersatzansprüche (§ 34 SGB II) vorsieht und die Möglichkeit einer Sanktion (§ 31 SGB II) enthält.
Demgegenüber ist eine Ablehnung oder Kürzung der Leistungen gerade nicht vorgesehen.
Dies gilt für den Fall einer vom Hilfeempfänger selbst herbeigeführten Bedarfslage und damit erst recht, wenn die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit nicht durch die Antragsteller verursacht wurde.
In der vorliegenden Konstellation kann über das Vorliegen eines Verschuldens kein abschließendes Urteil getroffen werden, was jedoch auch unerheblich ist, da eine fiktive Anrechnung tatsächlich abgelehnter Leistungen selbst bei schuldhaftem Verhalten ausscheidet.
Ebenso sind auch Ansprüche auf Leistungen in der Regel nicht nach § 11 SGB II anzurechnen, denn aufgrund des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgt in diesen Fällen ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Leistungsträger, so dass es allein in dessen Hand liegt, die Forderung zu realisieren.
So die Rechtsauffassung des LSG Hessen, rechtskräftiger Beschluss vom 18.12.2012 - L 7 AS 624/12 B ER.
Anmerkung: Die Berücksichtigung einer fiktiven Einnahme als bedarfsmindernd ist nach dem SGB II ausgeschlossen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist nur eine tatsächlich zugeflossene Einnahme als "bereites Mittel" geeignet, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken(vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R).
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