SG Berlin: Berliner WAV - Wohnaufwendungenverordnung ist unwirksam
Das SG Berlin hat mit Urteil vom 22.02.2013 die WAV Berlin – also die Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – im Rahmen einer inzidenten Normenkontrolle für unwirksam erklärt.
Damit ist die Berechnung der Unterkunftskosten für Hartz IV-Empfänger und Grundsicherungsempfänger wohl hinfällig.
Nach Einschätzung des erkennenden Gerichts kann weder aus den Daten der Berliner Mietspiegel, den diesen Mietspiegeln zugrunde liegenden empirischen Endberichten noch den IBB Wohnungsmarktberichten oder sonstigen greifbaren Erkenntnisquellen allein mit juristischem Sachverstand auf Angemessenheitswerte für Bedarfe nach § 22 SGB 1I geschlossen werden.
Dazu bedürfte es umfangreicher, weiterer Ermittlungen unter Anwendung mathematischstatistischer Verfahren und einer auf Zwecke des SGB II bezogenen Prüfung des Berliner Wohnungsmarktes unter Einbeziehung von Wohnungssegmenten, die nicht im Mietspiegel erfasst werben (s. auoh dazu LSG Bayern vom 11.7.2012 - L 16 AS 127/10).
Zitat von Willi SchartemaSG Berlin: Berliner WAV - Wohnaufwendungenverordnung ist unwirksam
Das SG Berlin hat mit Urteil vom 22.02.2013 die WAV Berlin – also die Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – im Rahmen einer inzidenten Normenkontrolle für unwirksam erklärt.
Damit ist die Berechnung der Unterkunftskosten für Hartz IV-Empfänger und Grundsicherungsempfänger wohl hinfällig.
Nach Einschätzung des erkennenden Gerichts kann weder aus den Daten der Berliner Mietspiegel, den diesen Mietspiegeln zugrunde liegenden empirischen Endberichten noch den IBB Wohnungsmarktberichten oder sonstigen greifbaren Erkenntnisquellen allein mit juristischem Sachverstand auf Angemessenheitswerte für Bedarfe nach § 22 SGB 1I geschlossen werden.
Dazu bedürfte es umfangreicher, weiterer Ermittlungen unter Anwendung mathematischstatistischer Verfahren und einer auf Zwecke des SGB II bezogenen Prüfung des Berliner Wohnungsmarktes unter Einbeziehung von Wohnungssegmenten, die nicht im Mietspiegel erfasst werben (s. auoh dazu LSG Bayern vom 11.7.2012 - L 16 AS 127/10).
Die Jobcenter müssen ihnen jetzt deutlich mehr Geld auszahlen!
Das Sozialgericht stellte fest, dass die Obergrenzen für ihre Miethilfen zu niedrig sind. Der Senat habe sich verrechnet.
Das Urteil lässt kein gutes Haar an der Berliner Verordnung, die Hartz-Empfänger offenbar um ihnen zustehendes Geld prellte.
Demnach stützte sich der Senat auf falsche Zahlen, als er die Höchstgrenzen für Wohnhilfen festlegte. So kam es dazu, dass die Miet-Unterstützung um 20 bis 25 Prozent zu niedrig ausfiel.
Einem Einzelnen stehen statt bis zu 318 Euro jetzt 394 Euro Hilfe bei der Bruttokaltmiete zu. Bei sechs Personen sind es statt 694 Euro jetzt 848 Euro.
Die fast 600 000 Hartz-IV-Empfänger in Berlin wird es freuen. Das Urteil, das auch die Zahl der Zwangs-Umzüge verringern soll, hat aber gleich mehrere Haken:
Wer den höheren Betrag erhalten will, muss selbst vor Gericht ziehen.
Weiterhin argumentierte das Gericht, dass der Leistungsberechtigte nach BSG-Rechtsprechung auf Wohnungen im gesamten Stadtgebiet verwiesen werden kann (kein Kiez-Schutz) - nicht bedeutet , dass als angemessen verordnete Mietpreise schlüssig sind, weil es in bestimmten Bezirken Wohnungen zu diesem Preis gibt.
Es muss vielmehr gewährleistet sein, dass Wohnungen zum Verordnungspreis in allen Stadtteilen vorhanden sind (vgl. dazu LSG Bayern vom 11.7.2012 – L 16 AS 127/10).
Hartz IV-Empfängern, welche zur Kostensenkung aufgefordert wurden, sollten unbedingt ein Widerspruchs - und Klageverfahren führen.
Das BSG hat den Begriff der "Angemessenheit" im vorliegenden Zusammenhang in zahlreichen Entscheidungen zum § 22 SGB II konkretisiert (u.a. BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R; BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R; BSG Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R; BSG Urt. v. 18.06.2008 - B 14/11b AS 44/06 R; BSG Urt. v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R; BSG Urt. v. 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R; BSG Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R; BSG Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R; BSG Urt. v. 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R; BSG Urt. v. 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R; BSG Urt. v. 18.02.2010 - B 14 AS 74/08 R; BSG Urt. v. 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R; BSG Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R; BSG Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R; BSG Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R; BSG Urt. v. 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R)
Mit den Leistungen für die Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II wird das Grundbedürfnis "Wohnen" gedeckt (BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R; BSG Urt. v. 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R), welches Teil des durch den Staat zu gewährleistenden Existenzminimums ist (BVerfG Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 Rn. 135).
Wer nicht kämpft, der hat schon verloren. Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock, Teammitglied des RA L. Zimmermann.
Berlin: Czaja hält an Wohnkosten-Verordnung fest: Revision gegen Urteil
Berlin . Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hält trotz eines anderslautenden Gerichtsurteils an den Mietzuschüssen für Hartz-IV-Empfänger fest. I
m April hatte das Landessozialgericht die Berliner Regelung für unwirksam erklärt. Gegen dieses Urteil werde die Sozialverwaltung nun Revision beim Bundessozialgericht in Kassel einlegen, kündigte Sprecherin Franciska Obermeyer an.
Die Verwaltung folge der Begründung des Gerichts nicht. Vorerst gilt die sogenannte Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in Berlin weiter.
Der Berliner Mieterverein kritisierte den langen Weg durch die Instanzen und forderte eine neue Verordnung.
«Es ist falsch, so viel Zeit ins Land gehen zu lassen», sagte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Er halte es nicht für sinnvoll, die WAV retten zu wollen.
«Wir vermissen, dass Senator Czaja in die Offensive geht und die Verordnung anpasst», betonte Wild. Beim Bundessozialgericht seien auch noch andere Verfahren zur Verordnung anhängig.
Anmerkung: Wer höhere Kosten für die Unterkunft erzielen will, muss vor Gericht ziehen.
Nach § 55a Abs 2 Satz 1 SGG http://dejure.org/gesetze/SGG/55a.html kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Anwendung der Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Vorschrift dient dazu, den Zugang zur abstrakten Normenkontrolle nur Antragstellern zu eröffnen, deren subjektive Rechte betroffen sein können und damit Popularanträge auszuschließen. Sie verfolgt damit dasselbe Ziel, wie die Regelung zur Klagebefugnis im § 54 Abs 1 Satz 2 SGG http://dejure.org/gesetze/SGG/54.html bzw § 42 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). http://dejure.org/gesetze/VwGO/42.html § 55a Abs 2 Satz 1 SGG http://dejure.org/gesetze/SGG/55a.html ist so zu verstehen, dass zur Bejahung der Antragsbefugnis positiv festgestellt werden muss, dass ein subjektiv-öffentliches Recht des Antragstellers von der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Norm betroffen ist und dass eine Rechtsverletzung durch die Norm möglich erscheint (vgl Senatsentscheidung, Urteil v 07. August 2012 – L 36 AS 1162/12 NK RdNr 20 mwN). https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esg...=esgb&id=154691
Verfasser des Beitrags Detlef Brock - Sozialberater