Inzwischen wächst eine Welle der Empörung, die sich gegen Repressalien und drohende Kündigungsmaßnahmen gegenüber der kritischen Jobcenter-Mitarbeiterin Inge H. aus Hamburg richtet. Erste öffentliche Proteste führten heute dazu, dass die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) eine anberaumte Anhörung ohne Angaben von Gründen absagte. Der weitere Verlauf des Verfahrens bleibt seitdem ungewiss, jedoch wird die Stadt Hamburg weiterhin daran arbeiten, Inge H. einen Maulkorb zu verpassen.
Im Zuge der Diskussion um diesen Vorfall in Hamburg und um einen vergleichbaren in Zwickau erreicht mich heute eine Mitteilung eines Kollegen, der seit Jahren in der Sozialberatung und als Dozent im Sozialrecht engagiert ist. Ich zitiere hier ohne weitere Kommentierungen, die Auszüge sprechen für sich:
„Bei Ver.di organisierte Personalräte der Arbeitsagentur Bochum griffen 2003 den in Arbeitsagenturen verwendeten Begriff Verfolgungsbetreuung auf, um eine „Verschärfung“ ihrer Aufgaben zu charakterisieren, für die sie eine Vorgabe der Bundesagentur für Arbeit zur Einsparung verantwortlich machten: Das Einsparzauberwort heißt Sperrzeit und die dazu notwendigen Maßnahmen werden im BA Unwort des Jahres zusammengefasst: Den Arbeitslosen droht die „Verfolgungsbetreuung“. Damit waren die „Geschäftspolitischen Ziele“ der Bundesagentur für Arbeit von 2003 gemeint, in denen das Ziel formuliert wurde, die Anzahl derjenigen, die zu Unrecht oder in ungerechtfertigter Höhe Sozialleistungen beziehen, durch verstärkte Kontrolle des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen zu reduzieren, damit der Haushalt ohne Zuschüsse auskomme. Diese Zielvorgabe wurde von vielen örtlichen Agenturen für Arbeit übernommen.“
„Verfolgungsbetreuung ist ein polemisches Schlagwort mit dem kritisiert wird, die Arbeitsagenturen würden zielgerichtet darauf hinarbeiten, Sperrzeiten gegen Arbeitslose zu verhängen. Es wurde vor allem von Gewerkschaftern verwendet, um Maßnahmen infolge der Einführung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz III) im Jahr 2003 zu kritisieren. Im Zusammenhang mit dem Sozialgesetzbuch II (SGB-II) wird der Begriff in der Auseinandersetzung mit dem Konzept des „aktivierenden Sozialstaats“ und dem damit verbundenen Perspektivwechsel in der Sozialpolitik verwendet.
Der Begriff geht auf Presseberichte zurück, nach denen das Wort Verfolgungsbetreuung in einigen Arbeitsagenturen für Tätigkeiten, die eine Leistungseinstellung bewirken sollen, verwendet worden sei.“