Der Abschluss eines Änderungsvertrages zwecks Reduzierung der Arbeitszeit kann als Weigerung, eine zumutbare Arbeit fortzuführen gem. § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II als Pflichtverletzung sanktionswürdig sein
Aufschiebende Wirkung gegen den Sanktionsbescheid, denn fraglich ist, inwieweit der Antragstellerin in dem konkreten Fall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Vollzeit bzw. mit einer höheren monatlichen Arbeitszeit von 29 Stunden zumutbar gewesen ist.
So die Rechtsauffassung des Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 07.01.2013 - S 21 AS 2221/12 ER.
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 das Arbeits-losengeld II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtig-te Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfes.
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Beleh-rung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, eine zumutbare Arbeit aufzu-nehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern. Minderungsrelevant ist somit auch die Weigerung, eine zumutbare Arbeit fortzuführen.
Der Leistungsberech-tigte muss dazu eine solche Tätigkeit bereits aufgenommen und er muss ohne die "Weigerungshandlung" die Möglichkeit gehabt haben, die zumutbare Tätigkeit fortzuführen.
Die Verweigerung kann durch eine ausdrückliche Erklärung, eine bestimmte Tätigkeit nicht weiter ausüben zu wollen, insbesondere auch die Auflösung (Eigenkündigung; Aufhebungsvertrag) eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl. Berlit in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 31 Rn.33).
Unter das Tatbestandsmerkmal der "Weigerung eine Arbeit fortzuführen" kann der Abschluss eines Änderungsvertrages gerichtet auf Reduzierung der Ar-beitszeit fallen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsge-meinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.
Dies bedeutet im Einzelfall auch, dass eine bestehende Voll-zeitbeschäftigung nicht zulasten der Allgemeinheit in eine Teilzeitbeschäftigung umgewandelt werden kann.
Denn die Arbeitszeitverringerung und die damit einhergehende Einkommens-minderung haben zur Folge, dass der Leistungsempfänger entgegen seiner Verpflichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II seine Hilfebedürftigkeit vergrößert.
Im Rahmen ihrer Erwerbsobliegenheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II hätte jedoch nach Abschluss der Elternzeit grundsätzlich zur Minderung der bestehenden Hilfebedürftigkeit die Verpflichtung bestanden, das Arbeitsverhältnis in Vollzeit fortzusetzen.
Allerdings ist fraglich, inwieweit der Antragstellerin in dem konkreten Fall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Vollzeit bzw. mit einer höheren monatlichen Arbeitszeit von 29 Stun-den zumutbar gewesen ist.
Die Zumutbarkeit richtet sich nach § 10 Abs. 1 SGB II.
Danach ist u.a. einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass die Ausübung der Arbeit die Erziehung ihres Kindes gefährden würde; die Erziehung eines Kindes, dass das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des SGB VIII oder auf sonstige Weise sichergestellt ist (Nr. 3).
Dabei handelt es sich um eine Regelvermutung, die nur eingreift "soweit" eben die Betreuung z.B. durch Kindergarten, Kinderhorte, Pflegeeltern, Ehegatte, Partner, Angehörige, Freunde/Bekannte und/oder in Über-gangszeiten auch durch den Leistungsempfänger selbst sichergestellt ist.
Eine Arbeit darf entsprechend nur zugemutet werden "soweit" Betreuung besteht, also in den Betreuungszeiten, so dass ggf. nur eine Teilzeit-, Halbtags- oder Minijob-Beschäftigung möglich ist.
Rechtstipp: BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 7/10 R (15)