Verweigerung von "Hartz IV" wegen Nichtnutzung der Krippenbetreuung bis zum 3. Geburtstag des Kindes verfassungswidrig
Das SG Dresden hat entschieden, dass das Jobcenter Arbeitslosengeld II nicht mit dem Argument verweigern darf, eine Studentin müsse ihr Kind nach dem ersten Geburtstag in der Kita betreuen lassen und ihr Studium fortsetzen.
Die 32-jährige Antragstellerin studiert in Dresden. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei sechs Jahre bzw. ein Jahr sieben Monate alten Mädchen.
Zur Betreuung ihrer Kinder hat sie sich nach der Geburt ihres zweiten Kindes vom Studium beurlauben lassen. In dieser Zeit entfällt der BAföG-Anspruch. Sie möchte ihre zweite Tochter bis sie zwei Jahre alt wird selbst betreuen.
Ihren Antrag auf "Hartz IV"-Leistungen lehnte das Jobcenter für die Zeit nach dem ersten Geburtstag der jüngeren Tochter ab.
Die Antragstellerin könne ihr Kind in einer Kita betreuen lassen und ihr Studium fortsetzen. Dann könne sie wieder von BAföG leben.
Dem hiergegen erhobenen Eilantrag hat das SG Dresden statt gegeben.
Nach der Rechtsprechung des BSG können Studenten Hartz IV beziehen, wenn sie vom Studium beurlaubt sind und in dieser Zeit ihr Studium nicht betreiben.
Dies sei bei der Antragstellerin der Fall. Sie besuche derzeit weder Lehrveranstaltungen, noch bereitet sie Prüfungen vor.
Ein "Arbeitshinweis" des Jobcenters Dresden, auf dem die Ablehnung der Leistungen beruhte, sei verfassungswidrig.
Das Grundgesetz schütze die Entscheidungsfreiheit der Eltern, ob sie ihre Kinder selbst betreuen oder in eine Kita geben.
Von Arbeitslosen, die Kinder bis drei Jahren selbst betreuen, könne nicht verlangt werden, dass sie sich eine Arbeit suchen. Daher dürften Studenten in einer vergleichbaren Situation nicht schlechter behandelt werden.
Ein Studierender ist während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt (vgl bereits BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 27 mit zustimmender Anmerkung Reichel jurisPR-SozR 12/2012 Anm 2).
Der Beitrag wurde erstellt vom Sozialberater - Detlef Brock.