1000 Euro weniger Unterhalt für Spandauer Familie, weil bei RTL-Doku Partner der Mutter mit in der Wohnung lebt.
Erst „Mitten im Leben“, jetzt mitten im Schlamassel. Familie Schneider aus Spandau wurde nach einem Auftritt in dem Fremdschäm-Fernsehformat ein großer Teil ihrer Bezüge vom Jobcenter gestrichen.
Ursprünglich wollte sich Siebenfach-Mutter Nicole Schneider (32) mit der Aufwandsentschädigung von 150 Euro etwas dazuverdienen. Mit Noch-Ehemann und Kindern stellte sie in der Doku-Serie eine Problemfamilie dar – also ihren eigenen Alltag, so sollte es scheinen.
Aber: „Vor der Kamera mussten mein Mann und ich so tun, als würden wir noch zusammen leben“, sagt die 130-Kilo-Frau zur B.Z.. „Dabei hat Thorsten seine eigene Wohnung.
“ Würde der Vater von zwei ihrer sieben Kinder bei der Familie leben, wie es im TV gezeigt wurde, hätten sie weniger Geldanspruch!
Ein Schreiben des Jugendamtes soll bestätigen, dass das Ehepaar getrennt lebt. Nicole Schneider: „Wir mussten uns für RTL an ein Drehbuch halten.
“ Laut Sender aber ist „Mitten im Leben“ eine sogenannte Real-Doku, bei der echte Schicksale gezeigt werden.
Für das Jobcenter Spandau bildet das Nachmittagsprogramm aber offenbar die Wirklichkeit ab. Deshalb hat die Behörde den Unterhalt für die Schneiders mit allen sieben Kindern (2-16 Jahre) neu berechnet, auf der Grundlage von nur einem, gemeinsamen Haushalt.
Jetzt kassiert die Familie deutlich weniger Geld vom Staat. „Mein Mann bekommt seine 500-Euro-Miete nicht mehr bezahlt. Ich kriege 450 Euro weniger. Insgesamt fehlen knapp 1000 Euro jeden Monat! Ich kann meinen Kindern kein Essen mehr kaufen“, so Nicole Schneider.
Anmerkung: Sollte sich der Sachverhalt wirklich so verhalten, war die Einschaltung eines Rechtsanwalts der richtige Schritt.
Nach § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II aF gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.
Bei der Interpretation dieser Norm ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein muss (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 ua Rn 136 = BVerfGE 125,175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12).
Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG). Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist.
Daher darf die Verweisung eines Hilfesuchenden auf Einkommen oder Vermögen eines Anderen, gegen den er keine rechtlichen Ansprüche geltend machen kann, nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zugelassen werden.
§ 7 Abs 3 Nr 3c SGB II normiert für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:
Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Sozialberater.