Keine Anrechnung von fiktivem Unterhaltsvorschuss im Grundsicherungsrecht nach dem SGB II
Nach Ansicht des LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2012 - L 9 AS 3208/12 ER-B verstößt die Anrechnung von fiktivem Einkommen gegen den Bedarfsdeckungsgrundsatz.
Ein Rechtsgrundlage ergibt sich daher auch nicht aus § 3 Abs. 3 SGB II.
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 27.09.2011 (B 4 AS 202/10 R, dort Rz 22 m.w.N.) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Leistungsausschluss in der Existenzsicherung im Hinblick auf den Bedarfsdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung bedarf. Dies folgt aus der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten.
Daher ist bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen.
Ausdrücklich führt das BSG in der genannten Entscheidung aus, dass weder § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II ("Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen") noch § 3 Abs. 3 SGB II ("Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann; ") eigenständige Ausschlusstatbestände regeln sondern es sich um Grundsatznormen handelt, die durch die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw. sonstigen leistungshindernden Normen konkretisiert werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten.