SG Chemnitz: Hartz IV-Empfänger müssen sich ihr Nebenkosten - Guthaben nicht als Einkommen anrechnen lassen
Dies gilt zumindestens in Fällen, in denen ein Guthaben durch Nebenkostenvorauszahlung erzielt worden ist, die aus der Regelleistung bestritten wurden, so die Rechtsauffassung des SG Chemnitz, Urteil vom 14.03.2013 - S 14 AS 4157/13 , Berufung wird zugelassen.
Begründung des Gerichts:
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld- oder Geldeswert abzüglich der nach § 11 b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11 a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen.
In stetiger Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht herausgearbeitet, dass Einkommen grundsätzlich all das ist, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält (vgl. Urteil des BSG vom 24.02.2011, Az.: B 14 AS 45/09 R, Rn. 19 m.w.N.).
Davon ausgehend handelt es sich bei der Erstattung zuviel geleisteter Nebenkosten um Einkommen.
Einschränkend ist jedoch zu beachten, dass das Gesetz in § 11 a Abs. 1 Nr. 1 SGB II aus-drücklich vorsieht, dass Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen sind.
In erster Linie verhindert diese Vorschrift, dass es bei der Ermittlung der nach dem SGB II zustehenden Leistungen zu einem Zirkelschluss kommt. Denn wenn als Leistungen alles das anzurechnen ist, was jemand wertmäßig während des Leistungsbezuges dazu erhält, müssten an sich auch die Leistungen nach dem SGB II als Einkommen berücksichtigt werden.
Darüber hinaus erfährt diese Vorschrift eine weitere Bedeutung im Zusammenspiel mit § 20 SGB II. Denn der Regelsatz wird im Bereich des SGB II als Pauschale gewährt. Dadurch wird der Leistungsempfänger in die Lage versetzt, die Regelleistung, die anhand eines Statistikmodells berechnet wurde, nach eigenem Bedarf und eigenen Prioritäten zu verwenden.
Macht der Leistungsempfänger sodann von der damit eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die ihm zustehenden Mittel, auf welcher Art auch immer, anzusparen bzw. so zu verwenden, dass sie ihm zeitversetzt erneut zur Verfügung stehen, ist aus § 11 a Abs. 1 Nr. 1 SGB II auch der Schluss zu ziehen, dass auch diese zurückgelegten Leistungen in dem Zeitpunkt, in dem sie dann wieder zur Verfügung stehen, nicht als Einkommen anzurechnen sind. Insoweit schließt sich die Kammer ausdrücklich den Ausführungen des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 23.08.2011, Az.: B 14 AS 185/10 R, Rn. 13 ff.an.
Jede andere Entscheidung würde die Möglichkeit, einen Teil der Regelleistung anzusparen, aushebeln und letztlich zum o. g. Zirkelschluss, wenn auch zeitversetzt, führen.
Zur Überzeugung der Kammer ist auch in Fällen, in denen ein Guthaben durch Nebenkostenvorauszahlung erzielt worden ist, die aus der Regelleistung bestritten wurden, von einer Anrechnung als Einkommen abzusehen (im Ergebnis ebenso das SG Chemnitz im Urteil vom 31.01.2013, Az.: S 40 AS 5401/11, Rn. 29 ff., zitiert nach Juris; Piepenstock in juris-PK-SGB II, 3. Aufl. 2012, Stand 08.01.2013, § 22 Rn. 136.)
Anmerkung: Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Dem Gericht ist bekannt, dass in einer Vielzahl von Fällen Kosten der Unterkunft und Heizung durch Leistungsempfänger aus der Regelleistung "aufgestockt" werden. Dementsprechend handelt es sich bei dem vorliegenden Fall nicht um einen Einzelfall. Wie Nebenkostenerstattungen in diesen Fällen zu behandeln sind, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt, sondern vom BSG in der Entscheidung vom 16.05.2012, Az.: B 4 AS 132/11 R, Rn. 19, ausdrücklich offen geblieben.
Hinweis: Heizkostenguthaben darf weder im Sinne von § 22 Abs. 3 SGB II noch in sonstiger Weise als "Einkommen" berücksichtigt werden, wenn die Leistungsbezieherin, weil das Jobcenter nur die angemessenen Heizkosten übernahm, die fehlenden Heizkosten aus ihrer Regelleistung bezahlte