Hartz IV: Anrechnung eines Erbes trotz Testamentsvollstreckung möglich
In einem erst jetzt veröffentlichten Urteil (vom 18. September 2012, Az. S 16 AS 191/11) hat sich das Sozialgericht Osnabrück mit den Auswirkungen einer Testamentsvollstreckung auf den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) befasst.
Eine Berücksichtigung des Erbes als Einkommen im Sinne des SGB II ist nach dem Urteil ausgeschlossen, soweit die Beschränkungen einer Testamentsvollstreckung der selbstbestimmten Verwertung durch den Erben entgegenstehen.
Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker müssen aber erstritten werden.
Ist im Testament eine Beschränkung der Versorgung auf zusätzliche Leistungen neben dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II nicht hinreichend erkennbar, ist von einer vollen Versorgung auszugehen.
Aktuelle Meldung des Sozialgerichts Osnabrück vom 26.04.2013 hier zu finden
Sozialgericht Osnabrück , Urteil vom 18.09.2012 - S 16 AS 191/11 - , die Berufung ist beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen unter dem Aktenzeichen L 15 AS 457/12 anhängig.
1.Ist ein Erbe nicht befreiter Vorerbe und Testamentsvollstreckung angeordnet, so stellt die Erbschaft keine einmalige Einnahme nach § 11 Abs. 3 SGB II dar (Abgrenzung zu: BSG, Urteil vom 25.01.2012, B 14 AS 101/11 R). Die Beschränkungen der Testamentsvollstreckung stehen insoweit einer selbstbestimmten Verwertung des Erbes durch den Erben entgegen. Berücksichtigungsfähig (nach § 11 Abs. 1 SGB II) ist dann lediglich der Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker sowie tatsächlich gezahlte Leistungen.
2. Legt die Auslegung des Testaments (§ 2084 BGB, § 133 BGB) durch detaillierte Aufzählung der zu deckenden Bedarfe eine umfassende Versorgung des Erben nahe und ist eine Begrenzung der Versorgung auf lediglich zusätzliche Leistungen (neben Leistungen nach dem SGB II) im Testament auch nicht angedeutet, so ist von einer vollen Versorgung des Erben auszugehen (Abgrenzung zu und teilweise Abweichung von: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.10.2007, L 7 AS 3528/07 ER-B).
3. Den sich aus dem Testament ergebenden Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker hat der Leistungsempfänger durchzusetzen.
Unterlässt er dies, sind die unterbliebenen Einnahmen fiktiv anzurechnen (Anschluss an: BVerwG, Urteil vom 05.05.1983, 5 C 112/81; vergleiche auch: SG Dortmund, Beschluss vom 25.09.2009, S 29 AS 309/09 ER).
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Sozialberater.