Zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit im Eilverfahren.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.05.2013 - L 6 AS 531/13 B ER - rechtskräftig
Die Bedenken des Jobcenters gegen die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller mögen gerechtfertigt sein. Sie drängen im Eilverfahren aber nicht zu weiteren Ermittlungen und erscheinen wenig zielführend, wenn sie nicht auch durch entsprechenden Sachvortrag unterlegt sind.
Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht im Sinne der positiven Feststellung zu beweisen, sondern lediglich glaubhaft zu machen. Für das Tatbestandsmerkmal "Hilfebedürftigkeit" ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich dabei um eine sog negative Tatsache in der Einflusssphäre des Antragstellers handelt. Ermittlungsumfang und Ermittlungstiefe werden hier unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls deshalb wesentlich durch das Vorbringen des Antragstellers bestimmt. Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts im Spannungsfeld zwischen einer schnellen und einer richtigen Entscheidung kaum möglich und auch nicht geboten; dem tragen die geringeren Beweisanforderungen Rechnung.
Aus der Eilbedürftigkeit ergeben sich um so mehr Einschränkungen an die Anforderungen für Sachverhaltsermittlungen, je eilbedürftiger die Sache ist (vgl SächsLSG Beschl v 01.08.2005 L 3 B 94/05 AS-ER). Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Regelleistungen um Leistungen handelt, denen aus ihrer existenzsichernden Funktion heraus bereits eine gewisse Eilbedürftigkeit eigen ist. Ihre Gewährung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die dem Schutz der Menschenwürde dient (BVerfG Beschl v 12.05.2005 1 BvR 569/05; s auch LSG NRW Beschl v 06.05.2013 L 6 SF 62/13 ER).
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
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