LSG NRW, Urteil vom 28.11.2013 - L 7 AS 1121/13 und - L 7 AS 1122/13
Die Stadt Essen hat nach Ansicht des Landessozialgerichts bei der Berechnung seiner Mietobergrenzen für Hartz-IV-Empfänger falsch gerechnet.
Bislang hatte die Stadt eine Nettokaltmiete von 4,61 Euro pro Quadratmeter und zusätzlich die tatsächlichen Betriebskosten übernommen. Meist habe die Stadt unter 1,30 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Das Gericht verpflichtet die Stadt nun, pauschale Betriebskosten von 1,94 Euro pro Quadratmeter in die Berechnung der Mietobergrenze einzubeziehen.
Die Stadt Essen prüft nun, ob sie eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht einreicht. Das Rechtsamt prüfe derzeit zudem die Möglichkeit, einen eigenen Betriebskostenspiegel für Essen zu erstellen.
Quelle: Stadt Essen muss Mietzuschüsse neu berechnen - Nachrichten - WDR.de
Dazu eine persönliche Anmerkung von RA Jan Häußler, welcher der Beistand der Hilfebedürftigen war:
Ich möchte im folgenden kurz die Ergebnisse der Verhandlung in den Verfahren L 7 AS 1121/13 und 1122/13 vor dem Landessozialgericht NRW (LSG) vom 28.11.13 zusammen fassen. Da die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorliegen, ist diese Darstellung notwendigerweise unvollständig und nur vorläufig:
a. Der Mietspiegel kann keine Grundlage für ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Mietobergrenzen (MOG) in Essen sein.
b. Der von der Stadt Essen als angemessen betrachtete Quadratmeterpreis von 4,61 Euro ist für Zwei-Personen-Haushalte „an der Grenze zur Rechtswidrigkeit“.
c. Die kalten Betriebskosten müssen zur Netto-Kaltmiete addiert werden und bilden als Summe die Mietobergrenze. Mangels kommunalen Betriebskostenspiegels sind die durchschnittlichen Werte für NRW mit 1,94 Euro/qm zu verwenden.
Hinweis von RA Jan Häußler an alle Betroffenen:
Es steht zu befürchten, dass vom Jobcenter erneut versucht werden wird mit Verweis auf noch anzustellende Ermittlungen eine Anpassung der MOG zu blockieren. Bereits die Erhöhung zum 01.01.10 aufgrund gestiegener Wohnflächen wurde vom Jobcenter mit zweieinhalbjähriger Verspätung umgesetzt und dann auch nicht vollständig. Mit dieser aus Sicht der Behörde „erfolgreichen“ Taktik wird nun das Jobcenter voraussichtlich versuchen, laufende Gerichtsverfahren hinauszuzögern und bei Leistungsberechtigten, die umziehen wollen, weiterhin die überholten MOG http://www.buzer.de/gesetz/5362/index.htm anzuwenden. Das Urteil des LSG ist jedoch rechtskräftig, die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Urteil ist also sofort umzusetzen. Alle Betroffenen sollten bis zum Jahresende die Frist nutzen, um noch für das Jahr 2012 und 2013 Leistungen für die Miete vom Jobcenter nachzufordern.
Quelle: Rechtsanwalt Jan Häußler, Fachanwalt für Sozialrecht, Pferdemarkt 4, 45127 Essen, Telefon: 0201-3603975, Telefax: 0201-3612686