Vorinstanz: LSG Essen, L 9 AS 58/08 Können bei der Prüfung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 bei der Anwendung eines Mietspiegels zur Bestimmung des unteren Bereichs der marktüblichen Wohnungsmiete pauschal die Mindestwerte ausgewiesener Preisspannen zugrunde gelegt werden oder sind die Mittelwerte bzw Mediane der Wohnungskategorien eines unteren Standards maßgebend?
B 4 AS 19/11 R Das BSG hat am 20. Dezember 2011 eine wichtige Entscheidung getroffen. Es ging hierbei um das "schlüssige Konzept" der Stadt Duisburg, welches von Sozialgericht Duisburg und dem Landessozialgericht für rechtens gehalten wurde. Diese Entscheidungen wurden nun gekippt! Die Vorinstanzen hatten bestimmte Baualtersklassen aus dem Mietspiegel nicht einbezogen, obwohl nicht fest stand, dass aus diesen Altersklassen wenige Wohnungen zum unteren Marktsegment gehören. Dabei hatten die Behörde und die Vorinstanzen mathematisch-statistische Grundsätze verletzt, indem sie Tabellenfelder aus dem Mietspiegel mit berechnet hatten, bei denen unklar ist, wie hoch der Bestand in diesem Feld ist, ob solche Wohnungen wirklich für die ALG II Leistungsberechtigten zur Anmietung zur Verfügung standen. Darüber hinaus kritisierte das BSG, dass nicht sichergestellt sei, dass die angemessenen Wohnungen sich nur auf bestimmte Stadtteile beschränken. Dieses wäre ein Verstoß gegen die BSG-Rechtsprechung.
Die Richter betonten nochmals, dass der Grundsicherungsträger, also die Behörde zunächst verpflichtet ist, ein schlüssiges Konzept aufzustellen, das die o.g. Kriterien erfüllt. Liegt ein solches Konzept nicht vor, kann das Gericht von Amts wegen Ermittlungen anstellen, die auch den o.g. Anforderungen genügen müssen. Wenn das Gericht das nicht kann, weil die erforderlichen Ermittlungen zu umfangreich sind, ist § 12 WoGG anzuwenden, der in der Regel für die Betroffenen günstig ist.
Eindeutig verhält sich das neue Urteil zur Notwendigkeit der Einbeziehung kalter Nebenkosten bei der Angemessenheit: »Zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten sind neben der Nettokaltmiete die "kalten Betriebskosten", allerdings unter Rückgriff auf lokale Übersichten, einzubeziehen.«
Hintergrund des Urteils ist, dass die Mietspiegel, die existieren, einen anderen Zweck haben, als Ermittlung angemessener Mieten. Das BSG erteilt damit denjenigen einen Rüffel, die unkritisch zu den Mietspiegeln gegriffen haben und ohne weiteres nur daraus einen angemessenen Mietwert berechnen wollten.
Konsequenz: Die Gerichte werden zukünftig verstärkt auf § 12 WoGG zurückgreifen, wenn die Jobcenter keine eigenen Ermittlungen angestellt haben und diese schlüssig vorlegen können.