Der Antragsteller hat am 16. Juli 2008 um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er trägt vor, das Angebot der Arbeitsgelegenheit sei nicht hinreichend bestimmt und enthalte keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung. Zudem sei das schriftliche Angebot vom 05.06.2008 exakt das gleiche Angebot, wie dasjenige vom 20.05.2008. Eine erneute Sanktionierung aufgrund desselben Sachverhalts sei ausgeschlossen, weil für die Ablehnung derselben Arbeitsgelegenheit in direktem zeitlichem Zusammenhang ohnehin nur eine Sanktionierung erfolgen dürfe. Insoweit handele es sich nämlich um eine identische Pflichtverletzung.
Verwaltungsgericht Bremen Aktenzeichen: S8 V 2191/08 Datum der Entscheidung: 06.08.08 Paragraph: § 31 Abs. 1 SGB II
Entscheidungsart: Beschluss
Überschrift: Arbeitslosengeld II wird bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung um 100 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert, wenn er sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen. Handelt es sich um dieselbe Arbeitsgelegenheit, die auch einem vorangegangenen Sanktionsbescheid zugrunde lag, handelt sich nicht um eine weitere wiederholte Pflichtverletzung, sondern um eine identische Pflichtverletzung.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.07.2008 gegen den Sanktionsbescheid vom 09.07.2008 wird angeordnet. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von … ohne Ratenzahlung bewilligt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Wegfall seines Arbeitslosengeldes II wegen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung.
Mit Bescheid vom 10. April 2008 erließ die Antragsgegnerin eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Darin wurde der Antragsteller unter Punkt III. verpflichtet, sich bei der ... Bremen für einen Integrationsjob im Bereich Metallbau bis zum 20. April 2008 vorzustellen. Wegen der vorangegangenen Weigerung des Antragstellers zum Abschluss einer entsprechenden Eingliederungsvereinbarung erließ die Antragsgegnerin am 15. April 2008 einen Sanktionsbescheid, mit dem sie die Regelleistung des Antragstellers für die Zeit vom 01.05.2008 bis 31.07.2008 um 104,00 Euro monatlich absenkte. Mit Änderungsbescheid vom 15. April 2008 setzte die Antragsgegnerin die monatlichen Leistungen des Antragstellers für den Bewilligungszeitraum vom 01.05.2008 bis 31.07.2008 auf 486,52 Euro und für die Zeit vom 01.08.2008 bis 30.09.2008 auf 590,52 Euro fest. Am 25. April 2008 gab der Antragsteller den Eingliederungsverwaltungsakt der Antragsgegnerin mit der Erklärung zurück: „Nicht Zugestimmten/Keine Vereinbarung. Zurückgegeben am 24.04.2008“.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 bot die Antragsgegnerin dem Antragsteller nochmals eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (In-Job) bei der ... in der Metallwerkstatt B. an und forderte ihn auf, sich dort vorzustellen. Das Angebot war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Das Schreiben reichte der Antragsteller mit dem handschriftlichen Zusatz „Keine Vereinbarung, ausgeklärt wurde am 24.04.2008“ sogleich zurück. Mit Bescheid vom 27. Mai 2008 senkte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II des Antragstellers wegen wiederholter Pflichtverletzung für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2008 um 208,00 Euro monatlich ab. Zur Begründung führte sie aus, dem Antragsteller sei am 06. Mai 2008 eine zumutbare Arbeitsgelegenheit angeboten worden. Er habe sich jedoch geweigert, die Tätigkeit aufzunehmen. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Mai 2008, der Antragsgegnerin zugegangen am 03.06.2008, Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 09.07.2008 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sein Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.08.2008 bis 31.10.2008 vollständig wegfalle, da er wiederholt seinen Pflichten nicht nachgekommen sei. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung vom 06.06.2008 werde insoweit aufgehoben. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller habe sich am 03. Juni 2008 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II als Metallbauer bei der … auszuführen. Zur Begründung habe der Antragsteller angegeben, dass es sich um keine richtige Arbeit handele. Gegen den Sanktionsbescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 14. Juli 2008, der Antragsgegnerin zugegangen am 15.07.2008, Widerspruch ein. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden. Mit Änderungsbescheid vom 16.07.2008 setzte die Antragsgegnerin die Leistungen für den Antragsteller für die Zeit vom 01.08.2008 bis 30.09.2008 auf 0,00 Euro fest.
Der Antragsteller hat am 16. Juli 2008 um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er trägt vor, das Angebot der Arbeitsgelegenheit sei nicht hinreichend bestimmt und enthalte keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung. Zudem sei das schriftliche Angebot vom 05.06.2008 exakt das gleiche Angebot, wie dasjenige vom 20.05.2008. Eine erneute Sanktionierung aufgrund desselben Sachverhalts sei ausgeschlossen, weil für die Ablehnung derselben Arbeitsgelegenheit in direktem zeitlichem Zusammenhang ohnehin nur eine Sanktionierung erfolgen dürfe. Insoweit handele es sich nämlich um eine identische Pflichtverletzung.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21.07.2008 gegen den Sanktionsbescheid der Antragsgegnerin vom 09.07.2008 (100% Regelsatzkürzung im Zeitraum vom 01.08.2008 – 31.10.2008) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe sich – wie bereits in der Vergangenheit – wiederholt geweigert, eine ihm angebotene Arbeitsgelegenheit wahrzunehmen. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Dem nun sanktionierten Verhalten seien bereits die jeweils Sanktionen auslösenden Weigerungen vom 10.04.2008 und vom 20.05.2008 vorausgegangen.
Die erkennende Kammer hat dem Eilantrag gegen den Sanktionsbescheid vom 27.05.2008 (Az. S8 V 1670/08) mit Beschluss vom 13.06.2008 teilweise stattgegeben. Einen vom Prozessbevollmächtigten gestellten Abänderungsantrag bezüglich dieses Beschlusses hat es abgelehnt (Az. S8 V 2412/08). Einen Eilantrag des Antragstellers vom 31.07.2008 gegen den Sanktionsbescheid vom 15.04.2008 (Az. S8 V 2359/08) hat das Gericht mit Beschluss vom 06.08.2008 ebenfalls abgelehnt.
II.
Der nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statthafte Antrag, der sich bei verständiger Würdigung auf den Widerspruch des Antragstellers vom 14.07.2008 bezieht, hat Erfolg. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 09. Juli 2008.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 39 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch auf den angefochtenen Sanktionsbescheid vom 09. Juli 2008, da dieser eine Absenkung der Regelleistung vorsieht.
Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt. Das ist in entsprechender Anwendung des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Adressaten eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelf wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rdnr. 27).
Als Ermächtigungsgrundlage für den Wegfall des Arbeitslosengeldes II des Antragstellers kommt vorliegend nur § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 d), Abs. 3 Satz 2 SGB II in Betracht. Danach wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung um 100 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert, wenn er sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen. Ob die erneute Weigerung die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 d) SGB II erfüllt oder ob die angebotene Arbeitsgelegenheit – wie der Antragsteller meint – nicht hinreichend bestimmt ist, kann hier ebenso dahinstehen wie die Frage, ob das Angebot – das dem Gericht trotz mehrfacher Anforderung der Aktenunterlagen bei der Antragsgegnerin noch nicht vorliegt – mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen war.
Der Antragsteller hat zwar unstreitig erneut ein Angebot zur Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit abgelehnt. WICHTIG WICHTIG Hierbei handelt es sich jedoch offenbar um dieselbe Arbeitsgelegenheit bei der Metallwerkstatt B. bei der …., die auch dem vorangegangenen Sanktionsbescheid vom 27.05.2008 zugrunde lag.
Es handelt sich nach derzeitiger Erkenntnis somit nicht um eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II, sondern um eine identische Pflichtverletzung. Wie das Gericht bereits im Beschluss vom 13.06.2008 ausgeführt hat, kommt bei einer mehrfachen Ablehnung derselben Arbeitsgelegenheit in einem direktem zeitlichem Zusammenhang nur eine Sanktionierung in Betracht, da es sich dann um eine identische (nicht eine wiederholte) Pflichtverletzung handelt (Berlit in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 31 Rdnr. 81). Zwar schließt der Wortlaut des § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II die Annahme einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung bei einem Festhalten an einem bestimmten Verhalten trotz neuerlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht zwingend aus. Allerdings kann bei mehrfacher Verletzung ein und derselben, identischen Obliegenheit durch bloße Bekräftigung einer bereits zuvor eingenommenen Haltung keine wiederholte Pflichtverletzung angenommen werden, sofern zwischen den einzelnen Obliegenheitsverletzungen ein Fortsetzungszusammenhang besteht. Dies ist nach Auffassung des Gerichts der Fall, wenn der Hilfebedürftige mehrfach die Aufnahme einer nach Art, Ort, Umfang und Beschäftigungsgeber konkretisierten Arbeitsgelegenheit i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II ablehnt (Berlit in: LPK-SGB II, 2005, § 31 Rdnr. 81). Mangels Vorlage der in Rede stehenden Angebote geht das Gericht nach dem Vortrag der Beteiligten davon aus, dass die dem Antragsteller am 10.04.2008, am 20.05.2008 und nunmehr zuletzt am 03.06.2008 angebotene Arbeitsgelegenheiten nach Art, Ort und Beschäftigungsgeber identisch sind, denn alle Angebote betreffen eine Tätigkeit bei der ... bei der Metallwerkstatt B. im Bereich Metallbau. Dass der Umfang der Arbeitsgelegenheit in den Angeboten noch nicht konkretisiert ist, steht der Annahme eines unveränderten Angebots nicht entgegen, da die inhaltliche Ausgestaltung im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs besprochen werden sollte und nicht ersichtlich ist, dass sich die Angebote insoweit voneinander unterscheiden. Angesichts der kurzen zeitlichen Abfolge der Angebote (drei identische Angebote in weniger als zwei Monaten) besteht auch der für die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs notwendige zeitliche Zusammenhang.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … für das Antragsverfahren ist stattzugeben, da das Verfahren Aussicht auf Erfolg hatte (§ 202 Sozialgerichtsgesetz -SGG-i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Schlagwort: Sanktion, wiederholte Pflichtverletzung Leistungssystem: SGB II
Und hinzu kommt noch das diese Maßnahme eine unrechtmäßige Heranziehung ist und sie auch kein Arbeitsverhältnis darstellt und nicht zusätzlich ist.
Mit einer Mehraufwands Entschädigung nicht abgegolten werden kann da ja Tariflohn hätte bezahlt werden müssen.
Dem zu folge hat das Jobcenter den Tariflohn für diese Arbeit an den Hilfsbedürftigen zahlen müssen.
Das Jobcenter hat hier jemand dazu verpflichtet eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung aus zu üben, obwohl es weiß dass hier ein Tariflohn bezahlt werden müsste und diese Arbeit nicht zusätzlich ist
Das wirft rechtliche Bedenken auf und ist Vorsatz dazu hatte das Jobcenter kein Recht, den Wertersatz für die Arbeit muss in diesem Fall das Jobcenter an den Hilfsbedürftigen zahlen wenn er demnach Ansprüche ans Jobcenter stellen würde.