Unterkunft und Heizung - Kostensenkungsaufforderung - Angemessenheitsgrenze für 1-Personen-Haushalt in Schleswig-Holstein - örtlicher Wohnungsmarkt - Anwendung der Wohngeldtabelle - eigene Ermittlungen des Grundsicherungsträgers
In welchen Fällen müssen die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft herangezogen werden?
Hieran mangelt es im konkreten Fall. Nach den Feststellungen des LSG lag der Bestimmung der Referenzmiete von 245 Euro im konkreten Fall bereits kein Konzept zu Grunde. 21
Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des 4. Senats nur dann vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG Urteil vom 22. 9. 2009 - B 4 AS 18/ 09 R).
An derartigen systematischen Ermittlungen und Bewertungen des generalisierbaren grundsicherungsrechtlichen Bedarfs fehlt es hier.
Die Beklagte hat vielmehr, wie sie selbst ausgeführt hat, auf den Tabellenwert der zweiten Spalte von rechts in der Mietstufe III - Einpersonenhaushalte - zurückgegriffen.
Nur soweit es an lokalen Erkenntnismöglichkeiten mangelt, dürfen jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Tabellenwerte zu § 8 WoGG zu Grunde gelegt werden.
7b. und 14. Senat des BSG haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der mit der Gewährung von Wohngeld verfolgte Zweck ein anderer als derjenige der Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II ist.
Bei der Gewährung von Wohngeld wird von der Wohnung ausgegangen, wie sie der Wohngeldberechtigte angemietet hat, ohne dass im Einzelfall nachgeprüft wird, inwieweit die Wohnung als solche im Sinne eines notwendigen Bedarfs angemessen ist (s nur BSG Urteile vom 7. 11. 2006 - B 7b AS 18/ 06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; vom 18. 6. 2008 - B 14/ 7b AS 44/ 06 R). 22
Der Auffassung der Beklagten, es könne auch ohne Ausfall der örtlichen Erkenntnismöglichkeiten "analog" auf die Werte der Tabelle zu § 8 WoGG zurückgegriffen werden, folgt der Senat nicht.
Ferner kann das schlüssige Konzept auch nicht gleichsam durch eine "Gegenprobe" ersetzt werden, ob es möglich ist, innerhalb eines Vergleichsraums Wohnungen bis zur Höhe der Tabellenwerte anzumieten.
Es ist vielmehr grundsätzlich ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum erforderlich. 23
Der erkennende Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG Urteil vom 22. 9. 2009 - B 4 AS 18/ 09 R):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze). 24
Ein Konzept ist nur schlüssig, wenn es nach den oben benannten Kriterien erstellt worden ist.
Die Sozialgerichte überprüfen insoweit, ob der Grundsicherungsträger zutreffende Wertungen vorgenommen hat, also das von ihm gewählte Konzept schlüssig ist und somit die Wertungen rechtfertigt.
Prüfungsansatz des Gerichts sind mithin die Ergebnisse des Grundsicherungsträgers unter Beachtung der oben aufgezeigten Mindeststandards, die gewährleisten, dass dem Zweck der Leistungsgewährung entsprechend dem Hilfebedürftigen im konkreten Umfeld bezahlbarer und dem ihm zustehenden Standard entsprechender Wohnraum finanziert wird.
Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung das Konzept als mangelbehaftet, ist es wiederum Aufgabe des Grundsicherungsträgers hier nachzubessern.Unterkunft und Heizung - Kostensenkungsaufforderung - Angemessenheitsgrenze für 1-Personen-Haushalt in Schleswig-Holstein - örtlicher Wohnungsmarkt - Anwendung der Wohngeldtabelle - eigene Ermittlungen des Grundsicherungsträgers