Herr Steger, sind die Berliner Job-Center mit der Bearbeitung der Hartz-IV-Berechnungen überfordert? Manchmal hat man schon diesen Eindruck. Nach sechs Jahren Hartz IV sollte die Verwaltung in den Job-Centern doch besser funktionieren. Welche Gründe gibt es denn aus Ihrer Sicht für die vielen fehlerhaften Bescheide? Zum einen gab es im Sozialgesetzbuch 2, der rechtlichen Grundlage für die Hartz-IV-Berechnung, immer wieder erhebliche Veränderungen und neue Durchführungshinweise, die für die Verwaltung rechtlich bindend sind. Und dann erleben wir immer wieder Fälle, in denen Urteile der Sozialgerichte bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden sind. Manchmal hat man den Eindruck, dass die Rechtsprechung bewusst nicht angewandt wird. Warum nicht? Das Job-Center spart somit Geld, gleichzeitig kann die falsche Berechnung aber wieder zu neuen Widersprüchen und Klagen führen. Obwohl ein Sozialgericht diesen Fall schon längst entschieden hat. Genau. Hinzu kommt, dass manche Mitarbeiter in den Job-Centern nicht hinreichend qualifiziert sind. Die Praxis ist doch sehr komplex, das ist ein gigantisches Rechtspaket. Welches sind die häufigsten Anliegen und Probleme, mit denen Hartz-IV-Empfänger in Ihre Sprechstunden in Wedding kommen? Überwiegend geht es um die Themen Einkommen und Wohnung. Die Job-Center fordern häufiger als früher dazu auf, die Kosten der Wohnung zu senken. Die Miete bei einem Einpersonenhaushalt darf in Berlin nicht mehr als 378 Euro warm kosten. Aber finden Sie mal eine Wohnung zu diesem Preis in der Innenstadt. Das ist kaum möglich. Was raten Sie all den Menschen, die eine fehlerhafte Berechnung in Ihrem Bescheid vom Job-Center vermuten? Erstmal sollte man den Bescheid genau lesen, bei Unklarheiten im Job-Center nachfragen, die Mitarbeiter dort haben eine Auskunftspflicht. Bei Fehlern sollte unbedingt Widerspruch eingelegt werden, häufig werden dabei schon Korrekturen vorgenommen. Wenn nicht, bleibt der Klageweg. Die Erfolgsquote ist außerordentlich hoch. Die Fragen stellte Stefan Strauß. ------------------------------ Foto: Frank Steger ist Vorstand des Berliner Arbeitslosenzentrums evangelischer Kirchenkreise e.V. http://www.beratung-kann-helfen.de/
Thesen für den Erfahrungsaustausch Seite 24 1. Führungskräfte verschließen bei Burnout von Beschäftigten gerne die Augen. 2. Soziale Unterstützung durch Chefs und Kollegen ist entweder da oder nicht, da kann man nichts machen. 3. Die Beschäftigten sollten sich vom Leid der Kunden abgrenzen. 4. Für den Arbeitsschutz und die Sicherheit im Jobcenter ist die BA zuständig oder die Kommune, nicht die Jobcenter. 5. Schlechte Kundensteuerung ist die Hauptursache für Gewalt im Jobcenter. 6. Es muss erst etwas Schlimmes passieren, damit Jobcenter sich um das Thema Gewalt kümmern. 7. Hauptgrund für die hohe Arbeitsbelastung sind die vielen Vorgaben der BA und die können wir nicht beeinflussen. 8. Mitarbeiter müssen selbst viel mehr Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen, der Arbeitgeber kann sich nicht um alles kümmern – es geht ihn ja auch nichts an. 9. Aggressionen gehen nicht nur vom Kunden aus, sondern auch von den Mitarbeitern. 10. Arbeits- und Gesundheitsschutz ist kein Thema für Führungskräfte, dafür gibt es ja Fachleute. 11. Viele Mitarbeiter sind für ihre Arbeit im Jobcenter nicht ausreichend qualifiziert. http://www.dguv.de/inhalt/praevention/ak...er_hetmeier.pdf