Hartz-IV-Empfänger erhalten kein Extra-Geld für Rechtsliteratur
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt,Urteil vom 21.06.2012,- L 5 AS 322/10 -
Hartz-IV-Empfänger haben nach einem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt keinen Anspruch auf Extra-Geld für Rechtsliteratur.
Ein Bezieher von SGB II-Leistungen wollte vom Jobcenter einen Sonderbedarf i.H.v. 1.318 Euro zur Anschaffung von Rechtsliteratur haben. Diese sei notwendig, um sich gegen die verhängten Sanktionen und Eingliederungsvereinbarungen zur Wehr setzen zu können. Das Amt hat seinen Antrag abgelehnt.
Auch das LSG Halle hat die Klage abgewiesen.
Das Gericht entschied am 21. Juni (AZ L 5 AS 322/10), dass der Hartz-IV-Empfänger die Bücher aus seiner Regelleistung finanzieren muss. Es sah keinen besonderen Bedarf.
Nach dem SGB II werden – neben den Unterkunftskosten – die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form einer Pauschale (derzeit 374 Euro für Alleinstehende) bewilligt. Nur ausnahmsweise ist ein Mehrbedarf anzuerkennen, wenn im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Dieser muss der Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen (§ 21 Abs. 6 SGB II).
Nach Auffassung des Landessozialgerichts liegt im vorliegenden Fall kein unabweisbarer besonderer Bedarf vor, der für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich sei.
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2: Dieser Mehrbedarf( § 21 Abs. 6 SGB II) setzt insbesondere voraus, dass die Aufwendungen den von den übrigen Leistungen nach dem SGB II abgedeckten Umfang, der anderweitig nicht zu decken ist, übersteigen (vgl. Behrend in Juris PK SGB II, Stand 15.08.2011, Rdnr. 78 ff. mit weiteren Nachweisen).
Unabweisbarkeit in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn es sich um einen unaufschiebbaren Bedarf handelt, dessen Deckung erforderlich ist, um im konkreten Einzelfall das menschenwürdige, sozio- kulturelle Existenzminimum sicherzustellen (Münder in LPK- SGB II, 4. Aufl. § 21 Rn. 38).
Dieser entsteht jedoch erst, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - Juris Rn. 208 = BGBl I 2010, 193ff).
Zudem muss es sich um einen dauerhaften Bedarf handeln, dessen Deckung allein durch die Gewährung von Darlehen unzweckmäßig erscheinen muss (vgl. BVerfG aaO Rn.207).
Ein laufender Bedarf wird dann angenommen, wenn der besondere Bedarf im Bewilligungsabschnitt nicht nur einmal, sondern bei prognostischer Betrachtung mehrfach auftritt (so bspw. Behrend in jurisPK - SGB II, § 21 RdNr. 81), wenn der Bedarf absehbar wiederholt in einem zeitlich vom Zeitpunkt der Beurteilung her abschätzbaren Zeitraum von ca. 1 - 2 Jahren auftritt (so z.B. Münder in LPK - SGB II, 4. Aufl. 2011, § 21 RdNr. 42).
Auf einmalige Bedarfe ist die Härtefallregelung nicht anwendbar (Sauer in derselbe, SGB II, 1. Aufl. 2011, § 21 RdNr. 84).