Sippenhaftung im Falle einer Sanktion bei den Kosten der Unterkunft ist dem Sozialrecht fremd
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.03.2012,- L 6 AS 1589/10 -,Revision zugelassen
Denn waren die Kosten angemessen oder als unangemessene trotzdem zu übernehmen und bestand die dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft fort, ist für die Anwendung des Kopfteilprinzips in dieser Zeit ausnahmsweise (zur grundsätzlichen Anwendung dieses Prinzip vgl BSG Urt v 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R - Rn 24; s auch Urteile v 24.02.2011 - B 14 AS 61/10 R - ; v 27.08.2008 - B 14/11b AS 55/06 R -; v 27.01.2009 - B 14/7b AS 8/07 R -; v 19.03.2008 - B 11b AS 13/06 R -) dann kein Raum, wenn dem dritten Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auf der Grundlage eines bestandskräftigen Sanktionsbescheids der Anspruch auf KdU entzogen wurde.
Ist mit der Anrechnung des Kopfteils eine Lücke im eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entstanden, wird ihnen (mittelbar) ein Fehlverhalten zugerechnet, auf das sie jedenfalls bei über 18jährigen Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Einfluss haben (s Boerner in Löns/Herold-Tews SGB II 3. Aufl. § 22 Rn 19, 23).
Eine Auflösung der Bedarfsgemeinschaft entspricht nicht den mit den speziellen Bestimmungen für diesen Personenkreis verfolgten wirtschaftlichen und pädagogisch wirkenden Absichten (s auch SG Aurich Beschl v 06.06.2008 - S 25 AS 298/08 ER - ; zustimmend LSG Nds-Bremen Beschl v 08.07.2009 - L 6 AS 335/09 B ER - Rn 9, 13).
Die Auswirkungen auf (die) andere(n) Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft widerspricht auch dem personenbezogenen Charakter der Sanktion.
Sanktionen nach § 31 SGB II aF haben den Zweck, einen Pflichtverstoß zu ahnden und/oder unzureichenden Bemühungen zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit entgegenzuwirken. Sie richten sich deshalb sinnfällig nur gegen die Person, die sich pflicht- oder sozialwidrig verhalten hat.
Noch deutlicher ist das bei den strengeren Sanktionen gegen jüngere Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die einen erzieherischen Effekt erreichen sollen (BT-Drucksache 16(11)108, S. 29; 16(11)114, S. 46; LSG Nds-Bremen Beschl v 08.07.2009 - L 6 AS 335/09 B ER - Rn 9).
Gehören im Leistungszeitraum minderjährige Kinder der Bedarfsgemeinschaft an, widerspricht jedenfalls dann die Unterdeckung der KdU durch Anrechnung eines fiktiven Kopfanteils auch deren besonderem Bedarf (vgl auch Wolf/Diehm SozSich 2006, 195) und dem in § 1 Abs 1 S 4 Nr 4 SGB II niedergelegten Grundsatz familiengerechter Hilfe (s LSG Nds-Bremen Beschl v 08.07.2009 - L 6 AS 335/09 B ER - Rn 11).