4. Senat des Bundessozialgerichts aktuell zu Hartz IV - Mitbewohner im Eigenheim ist nicht automatisch Lebenspartner
BSG, Urteil vom 23.08.2012, - B 4 AS 34/12 R -
Ein gemeinsames Eigenheim führt nicht zwingend zur Anrechnung des Einkommens des Mitbewohners bei Hartz IV. Das entschied das Bundessozialgericht heute (BSG) in Kassel Az:B 4 AS 34/12 R in einem Grundsatzurteil.
Darin klärte das Gericht die Voraussetzungen einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft, die zur Anrechnung des Partnereinkommens führt.
Im Streitfall wohnt die Klägerin seit 1975 mit einem früheren Freund zusammen. Die Beziehung ist seit Jahrzehnten beendet, nach Angaben der Klägerin "eine Trennung von Tisch und Bett".
Dem Jobcenter Region Hannover ging daher von einer Bedarfsgemeinschaft aus und strich Juni 2007 der Frau das Hartz IV. Sie könne mit von der Rente und Betriebsrente - zusammen etwa 2000 Euro - ihres Mitbewohners leben. Dem folgte auch das Landessozialgericht (LSG) Celle.
Wegen dürftiger Tatsachenfeststellungen verwies das BSG den Streit an das LSG zurück. Dabei konkretisierte das BSG aber die Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft.
1. Danach muss erstens eine Partnerschaft vorliegen. Dies bedeute "eine Ausschließlichkeit der Beziehung, die keine vergleichbare Beziehung daneben zulässt".
2.Zweitens müssen beide in einem Haushalt leben und "aus einem Topf" wirtschaften.
3. Drittens schließlich muss eine sogenannte Einstandsgemeinschaft vorliegen. Dies bedeute den subjektiven Willen, auch in Krisensituationen füreinander einzustehen und der Existenzsicherung des Partners den Vorrang vor eigenen, nicht existenznotwendigen Wünschen zu geben.
§ 7 Abs 3 Nr 3c SGB II normiert für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:
Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Bei den Kriterien zu 1. und 2. - nämlich der Partnerschaft und des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt - handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II jeweils zusätzlich zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen.
Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine Ausschließlichkeit der Beziehung in dem Sinne gegeben ist, dass sie keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt.
Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen.
Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft".
Die Vorschrift stellt mithin ihrerseits auf zwei Elemente ab, das Zusammenleben einerseits und das "Wirtschaften aus einem Topf" andererseits.
Dies bedeutet, dass die Partner in "einer Wohnung" zusammenleben und die Haushaltsführung an sich sowie das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide erfolgen müssen.