Hartz IV - Jobcenter fährt harte Linie gegen Verweigerer - Notfalls werden wir bei qualifizierungsunwilligen Leuten aber sanktionieren, bis sie raus sind aus dem Leistungsbezug sagt Geschäftsführer Christian Gärtner - Jobcenter Brandenburg
Das Brandenburger Jobcenter will künftig hart bei Bürgern durchgreifen, die sich verweigern, sobald sie sich beruflich weiterqualifizieren sollen. „Wir haben eine relativ hohe Zahl an Verweigerern und Totalverweigerern“, bedauert Jobcenter-Geschäftsführer Christian Gärtner.
Regelmäßig lade das Jobcenter qualifizierungsfähige Bezieher von Hartz-IV-Leistungen ein, um ihnen Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung aufzuzeigen und anzubieten. Trotz Einladung kämen manche Arbeitslose gar nicht, berichtete der Behördenchef gestern. „Andere hören sich alles an und dann verlässt mindestens die Hälfte den Raum, sobald die Jobcenter-Berater fragen, ob Interesse geweckt wurde.“
Christian Gärtner kündigte an, solches Verhalten auf Kosten der Steuerzahler nicht zu dulden. „Wir werden konsequent zu Sanktionen greifen“, sagte er.
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Versucht man hier Hartz IV -Empfänger einzuschüchtern?
Wenn in unserer Kanzlei Hilfeempfänger vorsprechen, weil sie vom Jobcenter sanktioniert wurden, stellt sich auch automatisch die Frage, waum musste der Betroffene SGB II- Leistungen beantragen? Wieviel Jahre bezieht er schon Hartz IV? Welche Hilfeleistung hat er bis jetzt vom Jocenter erhalten, damit er den Leistungsbezug verlassen kann, sprich nicht mehr hilfebedürftig ist.
Die Antwort der Leistungsbezieher war fast immer die Gleiche: Zulange im SGB II- Bezug und zu wenig Hilfe vom Jobcenter.
„Wir werden konsequent zu Sanktionen greifen“, sagte der Geschäftsführer des brandenburgischen JC Christian Gärtner.
So einfach ist das aber nicht, Herr Gärtner, denn Leistungsbezieher haben nicht nur Pflichten ,sondern auch Rechte, nämlich das Recht, sich einen qualifizierten Rechtsanwalt zu nehmen, der beweist, dass nicht immer eine Sanktion gerechtfertigt ist.
Was versteht man eigentlich unter dem Begriff des " Weigerns" ?
Weigern bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden(BSG, Urteil vom 15.10.2010 - B 14 AS 92/09 R -).
Der Begriff des Weigerns ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Normtext oder aus dem systematischen Zusammenhang im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen.
"Weigern" bedeutet im Rahmen des Sanktionstatbestandes die vorsätzliche ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber gegenüber zum Ausdruck gebrachte feh-lende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten, hier also die Aufnahme einer angebotenen Arbeitsgelegenheit (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 31 Rz. 14, 17).
Dabei braucht die tatbestandlich notwendige Weigerung nicht ausdrücklich erklärt worden zu sein. Sie kann auch konkludent erfolgen, etwa durch ein Verhalten bei einem Bewerbungsgespräch, das erkennen lässt, dass der Hilfebedürftige kein Interesse an der Aufnahme einer Tätigkeit hat. Er muss aber durch sein Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben, er wolle nicht tun, wozu er gegenüber dem SGB II-Leistungsträger verpflichtet ist.
Welche wichtigen Gründe können Leistungsbeziehern nach dem SGB II zur Seite stehen?
Wichtige Gründe im Sinne des § 31 SGB II können alle Umstände des Einzelfalls sein, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Hilfebedürftigen in Abwägung mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Hilfebedürftigen rechtfertigen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 09. November 2010, B 4 AS 27/10 R).
Ob dies der Fall ist, unterliegt als unbestimmtem Rechtsbegriff ohne einen Beurteilungsspielraum des Leistungsträgers in vollem Umfang von Amts wegen der gerichtlichen Kontrolle. Die dem Leistungsberechtigten auferlegte Nachweispflicht setzt nicht voraus, dass der Leistungsberechtigte einen objektiv vorliegenden wichtigen Grund als solchen erkennt und sein Verhalten hiernach ausgerichtet hat.
Bei der Kasuistik wichtiger Gründe im Vordergrund stehen persönliche, insbesondere gesundheitliche oder familiäre Gründe (vgl. näher Berlit, in LPK SGB II, 4. Auflage 2011, § 31 Rn. 65 und Rn. 67 m.w.N. der Rechtsprechung).
Folgende Passage steht sehr oft in Verwaltungsakten des Jobcenters, sie lautet:
"Das Jobcenter unterstützt ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.Vm. § 45 SGB III, sofern sie diese zuvor beantragt haben.
Es unterstützt ihre Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.Vm. § 45 SGB III durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde".
Ob die insoweit getroffene Regelung der Übernahme der Bewerbungskosten hinreichend konkret ist, ist fraglich (vgl. dazu die Beschlüsse v. LSG NRW vom 21.06.2012 - L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12
In der Literatur (Berlit, in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn 24) sowie in der Rechtsprechung (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.04.2012 - L 15 AS 77/12 B ER,Rn 5 - zu Bewerbungskosten) wird die Auffassung vertreten, dass in dem Eingliederungsverwaltungsakt genau bestimmt sein muss, welche Leistungen die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person zur Eingliederung in Arbeit erhält.
Die Leistungen sind danach individuell und eindeutig unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe festzulegen, wobei gefordert wird, dass dies in der Eingliederungsvereinbarung bzw. dem Eingliederungsverwaltungsakt genau bestimmt sein muss.
Die bloße Nennung der Fördermöglichkeit - Erstattung von Bewerbungskosten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II iV.m. § 45 SGB III - wird nach dieser Rechtsauffassung nicht als ausreichend angesehen (so ausdrücklich LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 04.04.2012 - L 15 AS 77/12 B ER,Rn 5 zu einer wortgleichen Klausel).