Der Grundsicherungsträger kann eine Berechtigung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens aus der laufenden Regelleistung weder unter dem Gesichtspunkt der Aufrechnung noch aus einer von ihm vorformulierten und erwirkten (Verzichts-)Erklärung des Leistungsberechtigten ableiten.
Ausführlich zur Rechtslage nach dem 24.03.2012 (Bundesgesetzblatt [BGBl] I, S. 453) Friedrich Putz (Prof. em. Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden, Abt. Kassel, Sozialrecht) in SozSich 2012, 194:
Bei Darlehen für eine Mietkaution an Hartz-IV-Empfänger:
Ist die gesetzlich vorgesehene Tilgung durch Aufrechnung verfassungswidrig?
Von Friedrich Putz
Auch Hartz-IV-Empfänger müssen gelegentlich umziehen. Nicht selten werden sie dazu sogar von den SGB-II-Trägern aufgefordert. Das gilt dann, wenn ihre bisherige Wohnung für unangemessen teuer erachtet wird.
Bei der Neuanmietung einer Wohnung ist in der Regel eine Mietkaution zu zahlen. Die Kaution kann zwar als Bedarf nach dem SGB II anerkannt und vom Jobcenter übernommen werden - allerdings in der Regel nur als Darlehen.
Früher mussten solche Darlehen für Mietkautionen erst dann an die SGB-Il-Träger zurückgezahlt werden, wenn die Kaution durch den Vermieter zurückgezahlt worden war.
Seit April 2011 gilt aber: Auch Darlehen für Mietkautionen müssen durch Aufrechnung in Höhe von zehn Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt werden. Sie mindern damit also die Leistungen für Hartz-IV-Bezieher, die eine neue Wohnung benötigen. Hier wird untersucht, ob dies verfassungsgemäß ist.
Auch Putz (SozSich 5/2012, 194) hält die gesetzliche Aufrechnung von Kautionsdarlehen mit jedenfalls diskussionsbedürftigen Gründen für verfassungswidrig.
" Zur Tilgung von Rückzahlungsansprüchen aus Kautionsdarlehen nach § 42 a Abs. 2 SGB II kommt somit nur noch eine Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Betracht.
Durch Aufrechnung verminderte Leistungen für diese Bedarfe wären aber »evident unzureichend« im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG und daher verfassungswidrig."
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Zu der Neufassung(§ 42a Abs. 1 SGB II) ist herrschende Meinung, dass der Widerspruch gegen eine Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid aufschiebende Wirkung hat, weil § 39 SGB II auf Aufrechnungen keine Anwendung findet.
Die Fälligkeit in der Tilgung eines Darlehens berührt nur den Auszahlungsanspruch, nicht den Leistungsanspruch an sich; die Aufrechnung ist keine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung i.S.v. § 39 Nr. 1 SGB II.
Bei der Aufrechnung nach den §§ 42a und 43 SGB 2 handelt es sich um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt.
Hinweis:Anmerkung von Prof. Hans-Ulrich Weth in info also 2011, 276-277 zu SG Berlin, Beschl. v. 30.09.2011 - S 37 AS 24431/11 ER - Soforttilgung eines Mietkautionsdarlehens durch Aufrechnung