Maßnahmezuweisungen bekämpfen durch gute Argumente
Es ist bekannt, dass Zuweisungen zu Maßnahmen keineswegs primär der Förderung der Kunden dienen (wenn überhaupt eher der Forderung), sondern dass sie in erster Linie ein Instrument zur Bereinigung der Arbeitslosenstatistik sind.
Bekannt ist aber auch, dass dies von den Vermittlern im Amt selten zugegeben wird. Die Zuweisung wird viel eher damit begründet, dass die Maßnahme hilfreich sei, dass sie notwendig sei, dass sie ein interessantes Angebot sei, dass dadurch Defizite aufgearbeitet werden könnten, dass Kontakte zu Arbeitgebern geknüpft werden könnten usw. Zumeist ist dies schlicht gelogen.
In diesem Thread soll es darum gehen, Erfahrungen zu sammeln, wie Zuweisungen zu Maßnahmen durch gute Argumente im Gespräch mit dem pAp bekämpft werden können. Es sollen hier hilfreiche Formulierungen gesammelt werden, denen man sich bedienen kann, um eine Maßnahme dem pAp, der Widerspruchsstelle und dem Sozialgericht gegenüber als das zu präsentieren, was sie zumeist ist: Unsinn, Zeitverschwendung, Schikane!
Es gibt nun kein Patentrezept, wie man dies tun kann. Es gibt unterschiedliche Wege, sich gegen eine Zuweisung zu wehren. Man kann sich im Fall der Fälle über den Rechtsweg, d.h. mittels Widerspruch und Gang vors Sozialgericht gegen eine unsinnige Maßnahme zur Wehr zu setzen. Das sollte meiner Meinung nach aber der zweite Schritt sein, weil dieses Vorgehen eben immer auch mit Aufwand, Lauferei und Kosten verbunden ist. Eventuell muss man sogar erst einmal mit einer Sanktion leben, auch wenn diese dann hoffentlich vorm Sozialgericht gekippt wird. Aber das kann dauern!
Bevor der Weg übers Sozialgericht gegangen wird, sollte im Vorfeld durch gute Vorbereitung und geschicktes Argumentieren versucht werden, die Maßnahme schon zu Anfang, also im Gespräch mit dem pAp, abzuwehren, dessen Zuweisungsbedürfnis also bereits im Keim zu ersticken. Wie man das erreichen kann, soll hier im Thread aufgelistet und debattiert werden.
Kurzum fände ich es hilfreich für Interessierte und Betroffene, wenn in diesem Thread Argumente gesammelt werden, die Ihr dem pAp, der Widerspruchsstelle oder dem Richter am Sozialgericht vielleicht schon vorgetragen habt und die geholfen haben, dass Ihr um eine Maßnahmen herum gekommen seid. Ich mache mal den Anfang. Beim Versuch der Zuweisung zu einer Maßnahme sollte man dem pAp meiner Erfahrung nach z.B. die folgenden Fragen stellen bzw. Anmerkungen machen und eine Antwort/Stellungnahme verlangen:
Was bringt mir diese Maßnahme?
Waran machen Sie fest, dass ich einen Bedarf an dieser Förderung habe?
Ist diese Maßnahme individuell auf mich zugeschnitten?
Glauben Sie nicht, dass ich besser über meine Kenntnisse und Fähigkeiten Bescheid weiß als Sie? Sie kennen mich doch gar nicht!
Ich habe schon zwei Bewerbungstrainings absolviert. Warum glauben Sie, dass mir nun das dritte etwas bringen wird?
Wie kann es sein, dass diese Maßnahme individuell auf mich zugeschnitten ist, wenn da Menschen mit ganz unterschiedlichen Qualifikationen und beruflichen Hintergründen zugewiesen werden?
Sie schreiben, dieses Maßnahme soll mich aktivieren. Woran machen sie bitte fest, dass ich Aktivierung brauche? Wirke ich inaktiv, demotiviert, faul? Woran machen Sie das fest?
Wie hoch ist der Prozentsatz der Kunden, die im Zuge dieser Maßnahme in Arbeit gekommen sind? Wenn Sie das nicht wissen, woher wollen Sie dann wissen, dass diese Maßnahme etwas bringt?
Ich habe gesundheitliche Einschränkungen. Es mangelt mir nicht an Motivation, sondern an Gesundheit. Kann diese Maßnahme mich heilen?
Was bringt diese Maßnahme, wenn Arbeitgeber als Qualifikationsnachweis ein echtes qualifiziertes Zeugnis erwarten, und kein wertloses Träger-Zertifikat?
Wenn diese Maßnahme soll toll ist, warum haben dann so viele Kunden eine so massive Abneigung dagegen?
Kann es sein, dass Sie überhaupt gar nicht wissen, was bei dieser Maßnahme wirklich vermittelt wird? Waren sie jemals da?
Wenn Sie nie da waren, wie wollen Sie dann die Qualität beurteilen? Und wenn Sie nur mal wenige Stunden da waren, glauben Sie ernsthaft, dass das repräsentativ ist?
Es wird doch ein Fachkräftemangel beklagt. Warum bieten Sie mir statt dieser Maßnahme nicht eine echte qualifizierende Umschulung an?
Ich bin nicht gegen Weiterbildung! Ich bin hochmotiviert! Ich will aber eine Weiterbildung, dich mich wirklich weiter bildet.
***Bitte mit passenden weiteren Argumenten ergänzen***
Auch wenn diese Argumente im ersten Schritt nichts bringen sollten, der pAp darauf nicht eingeht und die Zuweisung zur Maßnahme dann per Verwaltungsakt erfolgt, ist die Auseinandersetzung mit den Argumenten keinesfalls sinnlos, weil diese später auch der Widerspruchsstelle und, wenn das nichts bringt, auch dem Sozialgericht schriftlich vortragen werden können.
Das hilft dann meistens durchaus, dass der Verwaltungsakt aufgehoben wird, weil klar ersichtlich wird, dass der Kunde keinesfalls inaktiv ist, sondern er sich sehr wohl aktiv Gedanken macht und sich eine passende Förderung wünscht. Der argumentative Austausch mit dem pAp belegt, dass der Kunde die eigenen Fähigkeiten, Kenntnisse und vielleicht auch Hemmnisse sehr wohl einschätzen kann und er weder einer Aktivierung noch eines Coaching bedarf, sonder einer für ihn passenden, mit ihm gemeinsam vereinbarten und nicht aufgezwungenen Zwangsmaßnahme.
Niemand lässt sich gerne ausnutzen. Niemand Arbeiter gerne umsonst oder quasi umsonst für Ausbeuter-Betriebe, und niemand nimmt gerne an sinnlosen Maßnahmen teil. Ergo: Du bist nicht allein! Um dir nun ganz konkret helfen zu können, eine Zuweisung zu umgehen oder sie, wenn sie ausgesprochen wird, erfolgreich anzufechten, wäre es hilfreich, wenn du uns mal mit folgenden Infos versorgst:
Um was für eine Maßnahme handelt es sich genau? Wie heißt diese Maßnahme und wer ist der Bildungsträger? Wie lange soll die Maßnahme dauern? Ist sie in Vollzeit/Teilzeit? Ist das ein reines Vermittlungscoaching (Zitat: "wo ich über einen MT zu einen Arbeitgeber zugewiesen werden soll") oder eine Kombination von Vermittlung und bereichsspezifischer Kenntnisvermittlung wie Lager/Logistik, Wachschutz, Hauswirtschaft, Pflege, EDV/IT? Stimmt das Ziel dieser Maßnahme überein mit deinem beim Jobcenter gespeicherten, mit dir besprochenen Stellengesuch? (Erläuterung: Wenn du ein Stellengesuch im Bereich Altenpflege hast, ist es unplausibel, wenn du etwa eine Kenntnisvermittlung Lager machen sollst) Hast du im Vorfeld schon mal mit deinem pAp über diese MAT (Jobcenter-Deutsch für "Maßnahme" aka "Maßnahme bei einem Träger") gesprochen? Gibt es irgendwelche Einschränkungen deinerseits, die einen Förderbedarf durch so eine Maßnahme bei dir anzeigen? Sind deine Kinder in der Schule/im KIGA? Wann ist die Kinderbetreuung nicht gesichert? Bist du langzeitarbeitslos? Hast du eine Berufsausbildung?
Unabhängig von der Beantwortung obiger Fragen ist folgendes Vorgehen so gut wie immer sinnvoll, insbesondere dann, wenn man im Umgang mit dem JC nicht so geübt ist oder seine Rechte (noch) nicht so gut kennt:
a) Du solltest die dir vorgelegte EGV am Besprechungstermin nicht unterschreiben. Wenn der pAp dir dann erläutert, dass das keinen Unterschied mache und dann eben ein Verwaltungsakt (VA) erlassen werde, umso besser für dich, das erhöht die Chance der Anfechtbarkeit.
b) Du solltest deinem pAp ruhig reinen Wein einschränken und ihm klar sagen, dass du dir dazu erst mal Rückmeldung einer ELO-Initiative holen willst und dass du diese Maßnahme als nicht sinnvoll/hilfreich erachtest.
c) Du solltest dem pAp darlegen, dass deine Arbeitslosigkeit nicht individueller Unfähigkeit geschuldet ist, sondern dem desolaten Arbeitsmarkt, der es nicht leicht macht, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen.
d) Du solltest dabei absolut sachlich bleiben und nicht nur auflisten, was alles sinnlos an der Maßnahme ist, sonder du solltest gleichsam auch konstruktiv sein, also darlegen, was dir statt dieser Maßnahme vielleicht eher helfen würde, (wieder) in echte Arbeit zu kommen, etwa eine individualisierte Förderung der beruflichen Weiterbildung, eine Umschulung oder zumindest ein zertifizierter Lehrgang (kein Träger-Zertifikat, sondern ein wirklich angesehenes Zertifikat von der IHK/HWK)
e) Kurzum: Je mehr der pAp sieht, dass du dir selbst Gedanken machst, dass du aktiv, wehrhaft und informiert bist, selbst an deiner Integration arbeitest, desto eher wird er geneigt sein, von der Zuweisung abzusehen. Und wenn er es doch nicht tun: Desto höher ist gleichsam auch die Chance, dass die Widerspruchsstelle oder das SG die Zuweisung "kippt", sollte der pAp doch nicht auf deine Argumente eingehen. Denn der pAp muss die Erforderlichkeit deiner Teilnahme an der MAT hinreichend begründen! Das fällt ihm natürlich umso schwerer, je mehr gute Gegenargumente der Kunde vorträgt.
Es geht hier im Thread einfach darum, aufzuzeigen, dass man mit guten Argumenten IMMER besser fährt. Selbst dann, wenn man beim JC damit auf taube Ohren stößt, wenn also eine Zwangszuweisung per VA erfolgt. Denn spätestens, wenn der Fall von der Widerspruchsstelle als unbegründet zurückgewiesen wird und man vors Sozialgericht ziehen muss, will auch der Richter ein paar Argumente hören, was denn gegen die Teilnahme an dieser Maßnahme spricht.
Sicher kann man da dann mit rein formalen Kriterien kommen (nicht hinreichend bestimmt, falsche Rechtsfolgebelehrung, nicht konkretes Datum etc.), aber man fährt besser, wenn man zudem noch eine ganze Wagenladung voll guter Argumente parat hat, mittels derer man darlegt, dass diese Maßnahme eben nicht auf einen zugeschnitten ist, dass sie einen wohl kaum in Beschäftigung bringt, dass man da nichts neues lernt.
So etwas kommt bedeutend besser an, als wenn man einfach irgendwelche Plattitüden hervorbringt und/oder behauptet, dass das Jobcenter einen gar nicht zuweisen dürfe und es nur die Statistik im Sinn habe. Natürlich hat das JC nur die Statistik im Sinn. Das ist doch bekannt. Aber das würde dort nie jemand zugeben, also muss man die Argumente dekonstruieren, die das Jobcenter bringt. Man muss belegen, dass man nicht willens ist, als statistische Verfügungsmasse in einer sinnlosen Maßnahme die Zeit totzuschlagen. Und das gelingt am besten, wenn man die oft fadenscheinigen Argumente kennt, die das JC für die ach so tolle Maßnahme bringt. Weil man da dann auf gleicher Ebene Kontra geben kann, das JC also mit den eigenen argumentativen Waffen schlägt.