Räumlicher Geltungsbereich von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen.
Eine Information, farblich unterlegt, von D. Weide, Hmb, daww@gmx.de, 15.06.2010
BVerwGE 17, 192 = DVBl. 1964, 147, BVerfG 1 C 74/61 vom 28.11.1963
Räumlicher Geltungsbereich von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen.
Allgemeine Rechtsgrundsätze:
„Jedermann muss, um sein eigenes Verhalten darauf einrichten zu können in der Lage sein, den räumlichen Geltungsbereich eines Gesetzes, einer Verordnung, ohne weiteres festzustellen. Ein Gesetz, das hierüber Zweifel aufkommen lässt, ist unbestimmt und deshalb wegen Verstoßes gegen das grundgesetzliche Gebot der Rechtssicherheit gemäß Art. 20 GG und Bestimmtheit gemäß Art. 80 I 2 GG, ungültig!“
„Ein Gesetz hat nur dann Gültigkeit, wenn diesem Gesetz ein räumlicher Geltungsbereich zugewiesen ist.“ „Gesetze sind bei Verstoß gegen das Gebot der Rechtssicherheit ungültig und nichtig.“ „Jedermann muss, um sein eigenes Verhalten darauf einrichten zu können, in der Lage sein, den räumlichen Geltungsbereich eines Gesetzes ohne weiteres feststellen zu können. Ein Gesetz das hierüber Zweifel auf-kommen lässt ist unbestimmt und deshalb wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit ungültig.“ (BVerwGE 17, 192 = DVBl 1964, 147). Hierbei hat der Normgeber überdies zu beachten, daß sich eine der-artige Norm in aller Regel nicht an einen fachlich qualifizierten Personenkreis wendet, er mithin nicht davon ausgehen kann, jedermann könne Karten oder Texte mit überwiegendem juristischen Inhalt lesen und verstehen.“
Ohne Angabe seines räumlichen Geltungsbereiches verstößt ein Gesetz jedoch gegen den grundgesetzlichen Anspruch auf Rechtssicherheit und Bestimmtheit und ist dadurch ungültig und nichtig! Die darauf anwend-baren Rechtsgrundsätze „Ohne Bestimmung keine Handlung“, „Ohne Geltungsbereich kein Recht“ oder die alte römische Rechtsregel „Nulla poena sine lege“, wurden bestätigt durch die BVerwGE 17, 192 = DVBl. 1964, 147 und damit offenkundig, bedürfen also analog zu § 291 ZPO keines weiteren Beweises!
Zu den Normen, deren Gültigkeits- oder Anwendungsbereich nicht zu erkennen ist, sagte das BVerfG in seiner Entscheidung 1 C 74/61 vom 28.11.1963, Zitat: „…. denn eine Norm, die den räumlichen Geltungsbereich ihres Verbotes so ungenügend bestimmt, daß ihr nicht eindeutig entnommen werden kann wo sie gilt, läßt den Rechts-unterworfenen im Unklaren darüber, was Rechtens sein soll.“ Das Lüneburger OVerwG bezog sich ergänzend auf diese Entscheidung des BVerfG, indem es seine Entscheidung 3 K 21/89 vom 06.12.1990 so begründete, Zitat: „Jedermann muss, um sein eigenes Verhalten darauf einrichten zu können in der Lage sein, den räumlichen Geltungsbereich einer Satzung (eines Gesetzes) ohne weiteres festzustellen. Eine Verordnung die hierüber Zweifel aufkommen läßt ist unbestimmt und deshalb wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit ungültig“ und verwies auf die BVerwGE 17, 192 = DVBl. 1964, 147. „Hierbei hat der Normgeber überdies zu beachten, daß sich eine derartige Norm in aller Regel nicht an einen fachlich qualifizierten Personenkreis wendet, er mithin nicht davon ausgehen kann, jedermann könne Karten oder Texte mit über-wiegendem juristischen Inhalt lesen und auch verstehen (BVerwG a.a.O.).“
Es muß also im betreffenden Gesetz selber stehen, muß dort genau definiert sein, wo es denn gelten soll! Ermangelt es einem Gesetz, einer Verordnung o.ä., der Angabe seines räumlichen Geltungsbereiches, ist es nach der Judikatur des BVerfG und des BVerwG, sowie des OVerwG Lüneburg, ungültig, ist es nichtig! Ein Gesetz ohne Angabe seines räumlichen Geltungsbereiches kann also nirgendwo gelten und somit auch nicht gültig, rechtswirksam oder anwendbar sein! An der Wirksamkeit dieser Rechtsnorm ändert sich auch nichts durch gegenteilige bloße, unbewiesene Behauptungen von Behördenbediensteten jeglicher Art, auch nicht von Richtern, da es diesen an der dazu erforderlichen legislativen Kompetenz ermangelt!
Gemäß dem GG ist es unzulässig, eine einheitliche Rechtsprechung und Gesetzesauslegung - wie hier angeführt - zu ignorieren (BVerfGE 74, 234 f.; BVerfG NJW 2001, 1565; NJW-RR 2002, 6)! Das verstößt gegen das Will-kürverbot und drängt den Schluß auf sachfremde Motive auf (BVerfG NJW 1976, 1391; 1998, 2810).
Daraus ergibt sich als Konsequenz auf die einschlägige, einheitliche Rechtsprechung, nach Gesetzen ohne Angabe eines räumlichen Geltungsbereiches, darf nicht verfahren werden! Urteile des Bundesverwaltungsgerichts gelten nach dem BVerwGG und Urteile des Bundesverfassungsgerichts nach dem BVerfGG für alle nachstehenden Verwaltungseinheiten und Organe – auch für Krankenkassen – als rechtsverbindlich mit Gesetzeskraft! Damit besteht für die Nichtanwendbarkeit von Gesetzen ohne Angabe eines räumlichen Gel-tungsbereiches Offenkundigkeit! (BVerfGE 3, 288(319f.):6, 309 (338,363)).
Nach den Entscheidungen des BVerfG 1 C 74/61 vom 28.11.1963 und des BVerwG 17, 192 = DVBl. 1964, 147 ist ein Gesetz ohne Angabe seines räumlichen Geltungsbereiches daher nicht gültig und nicht anwendbar! Es verstößt gegen das grundgesetzliche Gebot der Rechtssicherheit gemäß Art. 20 GG und Bestimmtheit gemäß Art. 80 I 2 GG.