Für viele Hartz-IV-Bezieher werden die Mieten zum Problem: Zuschüsse werden gedeckelt - und billige Wohnungen gibt es kaum
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In dem nicht untypischen Fall geht es um einen Hartz-IV-Empfänger in München, der Mann ist seit sieben Jahren arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld II. 536 Euro Miete kostet seine Zweizimmer-Wohnung, zu viel, wie das Jobcenter befand - sein Mietzuschuss wurde gekürzt. Bereits 2005, bei Einführung von Hartz IV, hatte die Behörde den Mann darauf hingewiesen, dass seine Miete um 123 Euro über der Höchstgrenze liege, er müsse sich eine günstigere Wohnung suchen.
Das ist in einer Stadt wie München, in der die höchsten Mieten Deutschlands verlangt werden, allerdings leichter gesagt als getan. Günstiger Wohnraum, wie eine Zweizimmer-Wohnung unter 500 Euro, ist praktisch nicht zu haben. Trotzdem kürzte das Jobcenter dem Mann im Sommer 2007 den Mietzuschuss um 100 Euro.
Der Mann hatte somit forthin weniger als 250 Euro im Monat für das tägliche Leben.
2008 wandte sich der Hartz-IV-Bezieher über den Mieterverein an Rechtsanwalt Tandler. Dessen Kompromissvorschlag, den Mietzuschuss um 50 statt 100 Euro zu kürzen, wurde abgelehnt. Tandler klagte am Sozialgericht, vier Jahre später wurde nun verhandelt. Der Richter drängte auf einen Vergleich, der nahe an dem lag, was Tandler bereits 2008 vorgeschlagen hatte.
Der Fall habe ihn persönlich sehr berührt, so der Rechtsanwalt, weil der Hartz IV-Bezieher offenbar sehr abgemagert war, von etwa 85 Kilo im Jahr 2008 auf nun unter 70 Kilo, der Mann habe wohl am Essen sparen müssen.
Richter fordern begründete Mietobergrenze
Alles, was mit »Hartz IV« zu tun hat, produziert bergeweise Gerichtsakten. Schon bis Juni 2012 hat die Bundesagentur für Arbeit 520 792 Sanktionsfälle bei Hartz IV gezählt, dieses Jahr wird wohl die Millionengrenze überschritten.
Oft gibt es Widersprüche; das Sozialgericht München ist neben Berlin das zweitgrößte der Republik, dort werden viele dieser Sanktionen verhandelt. Nun kommen immer öfter Fälle hinzu, in denen es um den Mietzuschuss geht. Auch diese Prozesswelle dürfte weiter anwachsen - und könnte gar einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen.
Mitte des Jahres haben nämlich die Richter am bayerischen Landessozialgericht eine erste Grundsatzentscheidung getroffen. Sie bezog sich auf die Klage einer Hartz-IV-Bezieherin, die für ihre 48-Quadratmeter-Wohnung in der Münchner Maxvorstadt 745 Euro zahlen musste, vom Jobcenter aber nur 504 Euro bekam.
Die Richter entschieden zwar, dies sei zulässig - mahnten aber zugleich an, dass das Jobcenter kein nachvollziehbares Konzept zur Ermittlung der Mietobergrenzen vorweisen konnte. Dies erinnert an die Entscheidung des Verfassungsgerichtes, die Höhe und Zusammensetzung der Sätze müsse nachvollziehbar sein.
Laut Bundessozialgericht muss es einem Hartz-IV-Haushalt möglich sein, eine einfache Wohnung im unteren Preisbereich anzumieten - was auch heißt, dass es derartige Wohnungen auch geben muss. Nach den Anforderungen des Bundessozialgerichtes müssen diese Wohnungen zudem gleichmäßig über die Stadt verteilt sein, um die Bildung von Armenviertel zu verhindern. Auflagen, die in Städten wie München schwer zu erfüllen sind - und insofern wohl die Mietgrenzen für Hartz-IV-Bezieher nach oben treiben werden.
Die Verfahren dauern oft mehrere Jahre
Typisch ist Anwalt Tandlers Miet-Fall auch in einer zweiten Hinsicht: seiner Langwierigkeit. »Die Sozialgerichte sind hoffnungslos überfordert und unterbesetzt«, meint Rechtsanwalt Tandler. Dem will sich Richter Andreas Knipping, Sprecher des Münchner Sozialgerichtes, freilich nicht anschließen.
Dennoch gibt es Uralt-Verfahren auch am Münchner Sozialgericht. So waren im November 2012 in München noch 1462 Fälle aus diesem Jahr anhängig. Aber aus dem Jahre 2009 etwa warten noch immer 207 Akten auf ihre Bearbeitung, 76 Vorgänge beziehen sich noch auf 2008.
Anmerkung:
Bayerisches Landessozialgericht,Urteil vom 11.07.2012,- L 16 AS 127/10 - ,Revision zugelassen
Münchener Jobcenter verfügt über kein Konzept, das den Anforderungen der BSG-Rechtsprechung an Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit genügt.
Folgender Wohnraum ist nicht mietspiegelrelevant und wäre auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 SGB II nicht zu berücksichtigen, weil derartiger Wohnraum einem Leistungsempfänger nach dem SGB II als Alternative nicht zumutbar ist:
- Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch von bis zu 6 Monaten (siehe BSGE 104, 192 Rdnr. 22), - vom Vermieter möblierter Wohnraum, der Teil der von ihm selbst bewohnten Wohnung ist, - Studenten- und Jugendwohnheime, - Wohnraum in Anstalten, Heimen oder Wohnheimen, bei denen die Mietzahlung auch Serviceleistungen abdeckt, - Einzelzimmer, - Wohnungen, deren Küche, Bad und Toilette von zwei oder mehr Hauptmieterparteien gemeinsam genutzt werden. - Wohnungen in einfacher Wohnlage, - Wohnungen ohne einen vorgesehenen Raum für eine Küche, - Wohnungen ohne Toilette, - Wohnungen, die nur ein Bad besitzen, das von anderen mitbenutzt wird, - Wohnungen, die nur eine Toilette besitzen, die von anderen mitbenutzt wird, und - Wohnungen nur im Untergeschoss.